Dienstag, 17. März 2009

RÜCKSCHLÄGE...nach dem Hoch nun wieder ein Tief..

Rückschläge und die Rettung aus Arolsen


Plötzlich konnte ich nicht mehr malen. Plötzlich machte mir die Arbeit an meinen Homepages keine Freude mehr. Plötzlich war alles anders. Farben nur grau in grau.
Ich fragte mich: Wo waren die guten Vorsätze geblieben, die ich im Saarland gefasst hatte? Wohin war mit einem Mal mein Selbstvertrauen? Wieso dröhnte der Tinnitus lauter denn je in meinen Ohren? Wieso brachte ich kein Bild mehr zustande?
Warum zweifelte ich an allem, besonders aber an mir selbst?
Ein Rückschlag. Mit dem ich nicht mehr gerechnet hatte. Ich spürte, wie ich Schritt für Schritt in meine alten Fehler verfiel. Und ich stand dem allen machtlos gegenüber. Lustlosigkeit, schließlich sogar Lebensüberdruss machten sich breit. Disziplinprobleme in der neuen Schule, regelrechte Angst vor den Schülern einer bestimmten Klasse. Eheprobleme im vierzigsten Jahr unseres Zusammenlebens. Dann ein Autounfall, der nicht ganz zufällig geschah. Wollte ich, dass alles vorbei war? Wollte ich wirklich sterben?
Nein, meine Zeit war noch nicht gekommen. Das Auto überschlug sich in der Luft und wurde ganz sanft auf ein mit Schnee bedecktes Feld herabgesenkt. Ich konnte mich nach einigen ergebnislosen Versuchen selbst aus dem zertrümmerten Auto befreien. Schutzengel müssen um mich herum gewesen sein.
Einige Tage später begann meine Reha- Maßnahme. Ähnlich wie in St. Wendel wurde ich dort in Arolsen regelrecht aufgefangen. Behütet. Verstanden.
Doch in den ersten Tagen wollte ich nicht wahrhaben, wie nötig ich diese Hilfe brauchte. Die Chefärztin fragte mich beim Aufnahmegespräch, wie es mir gehen würde. Ich antwortete, sehr gut. Sie darauf: Und was machen Sie dann hier? Ich entgegnete: Das weiß ich auch nicht so recht. Ja, ich wusste es wirklich in diesem Moment nicht. Aber ich schämte mich.Ob man mich jetzt wieder nach Hause schicken würde?
„Frau Schuldgefühl“ wollte sich bei mir erneut einnisten. Und ich hatte angenommen, sie wäre für alle Zeiten verschwunden gewesen! Sie sagte:
„Fahr nach Hause, schäm dich weiter, da gibt es Patienten, die solch eine Kur nötiger haben als du. Dir geht es doch gut, du sagst es ja selbst“.
Oh nein, es ging mir ja gar nicht so gut. Spätestens nach der ersten Woche wusste ich es genau. Da kamen die Erinnerungen plötzlich bei mir hoch. Der Unfall, die Meinungsverschiedenheiten in der Ehe, Streit, mein Unvermögen in der Schule, die stärker gewordene Hyperakusis, das Nicht mehr richtig Hören können, die Tränen, die nicht versiegen wollten. Ich fühlte mich wie ein Nichts.
Doch wie ich schon sagte, ich wurde aufgefangen. Von allen Therapeuten und Ärzten, wirklich von allen. Besonders aber von meiner Psychotherapeutin. Ich denke an die Gespräche mit ihr, die Rollenspiele, die mir die Augen öffneten. Die Lebensfreude erwachte aufs Neue, ich fühlte mich sehr wohl dort in der Klinik und in meinem kleinen Zimmer. Alle Mitpatienten unserer Gruppe nahmen mich ernst, halfen mir, wo sie nur konnten. Das tat mir sehr gut. Und als es mir schließlich besser ging, konnte ich ihnen im Gegenzug auch so manchen Rat geben.
Es war schön dort, in dem großen Park mit den alten Bäumen. Die langen Wanderungen, die wir an den Wochenenden gemeinsam unternahmen. Diskussionen außerhalb der Klinik über die Gruppentherapie, über den Tinnitus.
Die zaghaften Versuche, unsere Geräuschempfindlichkeit herabzusetzen. Schließlich der Crash- Test in der Disco ab 30! Es war einfach Wahnsinn, wir tanzten bis zum Umfallen.Wie lange hatte ich das schon vermisst! War ich überhaupt schon einmal so aus mir herausgegangen? Und noch etwas entdeckte ich : Es kam mir so vor, als gäbe es dort nur freundliche Menschen. Arolsen- die Stadt der freundlichen Menschen. In diese Stadt möchte ich bald wieder einmal fahren. Auch um meinen Ärzten und Therapeuten noch einmal sehr zu danken.

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